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Samstag, 8.
Januar 2005
LOKAL
B1 / Seite
3
In einem Jahr die Welt in Ordnung gebracht
Das grösste Puzzle zählt 20000 Teile: Peter Schubert aus Poxdorf nahm die Herausforderung an
VON   BEKE
MAISCH
Das meistteilige Puzzle der Welt. Dessen Bezwinger durchaus ein Fall für das Guinnessbuch der Rekorde
ist. Dort ist das größte Puzzle bis dato mit 18000 Stückchen angegeben. Also könnte Peter Schubert aus
Poxdorf bald zwischen den goldglänzenden Buchdeckeln unter der Rubrik „Spielzeug - was kostet die Welt"
ein Plätzchen finden „Verrückt", urteilten nicht nur Schuberts Eltern,
auch Freunde und Verwandte hielten anfangs das Projekt -diplomatisch ausgedrückt -
für „verwegen", im Klartext für„spinnerd". Vielleicht ist Schubert auch schlicht eine Art Abenteurer mit
kriminologischem Feingespür, strategischem Denken, unendlicher Geduld und viel, sehr viel Fantasie.
Ein wenig Peter Pan, eine Prise Sherlock Holmes.
Vor rund einem Jahr bummelten die Schuberts durch den Laden des Weltbildverlags am Forchheimer
Paradeplatz. “Zufällig habe ich das Puzzle entdeckt, das Motiv gefiel mir sofort”, erzählt der 36-Jährige.
Kein kitschiges Pony-Puzzle. Vier historische Weltkarten, in Kartuschen an den Ecken die Porträts
bedeutender Entdecker. Selbst seiner Frau hat das Bild imponiert. Aber: 100 Euro, noch ein Staubfänger
mehr - schwierige Entscheidung. Die Schuberts gingen wieder nach Hause, ohne Puzzle.
Falle schnappte zu
Allerdings: Peter Schubert saß bereits in der Falle. Die Herausforderung hatte
es ihm angetan, der Kitzel aus einer unüberschaubaren Menge an Teilchen
ein Bild zu formen. Am nächsten Tag lag das Puzzle daheim im Wohnzimmer.
Für die notwendige Fläche, rund fünf Quadratmeter, verrückten die Schuberts
das Sofa ein wenig, verbannten das Trimm Rad in die Ecke, bis der
Maschinenbediener das erste von 20 Säcken ä 1000 Pappstückchen öffnete.
Schubert ist keiner von denen, die sich via Internet über Puzzleprobleme
austauschen oder beim „Ersten Deutschen Puzzletag", der 2004 in
Königsbrunn veranstaltet wurde, mitmachen würde. Rund 7000 Hobby-Puzzler
hatten in der Nähe von Augsburg über einen Kilometer lang die
verschiedensten Puzzles gelegt. Vier oder fünf Puzzles hat Peter Schubert in
seinem Leben schon gelöst.
Gereizt auf dem Markt der unzähligen Puzzle-Varianten, haben ihn immer nur
die Besonderen. Ein 3D-Puz-zle der New Yorker Skyline oder ein
holografisches Puzzle in dem sich je nach Lichteinfall zwei Bilder verstecken.
Nun historische Weltkarten. Eine zerteilte Landkarte war es im Übrigen auch
mit der die Geschichte des Puzzles begann. 1760 zerschnippelte der
englische Kupferstecher John Spilsbury für den Erdkundeunterricht Europa
entlang der Grenzen und klebte die Länder auf Mahagoniplättchen. Der
pädagogische Einfall wurde zum Verkaufsschlager.
Zurück zu Peter Schubert anno 2004 im Wohnzimmer sitzend. Sein erster
Eindruck: „Es läuft nicht. Ich habe verkehrt angefangen." Bis zu zehn
Zentimeter breit ist der Rand, der alle vier Kartendarstellungen umspannt und
den sich Schubert als erstes vornahm. Die Tücke lag nicht nur in dem
ebenmäßigen Muschelgrau. Trotz Einheitsfarbe gehörte jedes Puzzlete an
einen ganz bestimmten Platz. Es hat lange gedauert, Amerika war bereits
fertig, der Kopf von Kopernikus prangte stolz, dann erst, hatte sich Schubert
die richtige Taktik ertüftelt. Die half auch für den azurblauen pazifischen
Ozean oder das Ocker des Wilden Westens. Mit einer gewissen Routine,
vielleicht so nach dem 5000. Teilchen hatte Schubert bereits im Voraus schon
ein genaues Bild des nächsten Puzzlesstückes im Kopf.
Mit festem Geduldsfaden
Wäre der Prozess nicht so spannend gewesen, das Motiv nicht so schön,
Ehefrau Dorothea hätte durchaus der Geduldsfaden reißen können. So ließ
sie ihn werkeln, bestaunte die Ergebnisse und wenn Töchterchen Claudia (ein
dreiviertel) das eben Geschaffene mit ihren neugierigen Fingerchen zu sehr
bedrohte, ging es ab zum Spaziergang.
Diffizile Stellen brauchten Tageslicht, neun Stunden an den Sonntagen zum
Beispiel. Der Rest ging auch bei künstlicher Beleuchtung, wahlweise um vier
Uhr morgens, noch vor der Frühschicht oder nachts, wenn der Schlaf sich
partout nicht einstellen wollte, weil ein Puzzleproblem im Kopf hin- und
herschwirrte. Im Schein der zwei Reispapierlampen ließ er Teil um Teil
einrasten, Kontinente entstanden, goldglänzende Inschriften wurden lesbar.
Bis zu dem Tag als Schubert entdeckte, in der Eckgirlande um die obere
rechte Karte fehlte ein Stück Weintraube, genau ein Teil. Um das
Schnipselchen zu finden, stellten die Schuberts ihre Wohnung auf den Kopf.
Unter den Schränken? Nichts. Im Staubsaugerbeutel? Nichts. In den Winkeln?
Nichts. „Nur den Mageninhalt der Katze haben wir nicht kontrolliert",
schmunzelt Schubert. Der Verlag schickte einen neuen Sack, Schubert
schüttelte ein wenig und noch bevor er die Kunststofftüte zerriss, sah er schon
inmitten der 1000 Teile das Weintraubenfragment aufblitzen. Noch Fragen,
warum?
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